Verlagsprogramm Tonträger
Große Vesper
mit den Hymnen der Mönchsweihe
Hörproben:
1. Schöpfungspsalm
2. Diakonale Fürbitten
3. Psalm 1
5. Psalm 5
6. Weihrauchpsalm
12. Mönchsweihe: Öffne mir eilends Deine väterlichen Arme
CD in plastefreier Papphülle 12,50
➥ BestellenVesper am Karfreitag
mit den Gesängen zum Ritus der Grablegung
Hörproben:
1. Weihrauchpsalm
2. Lichtpsalmen mit Stichieren
7. Evangelium: Johannes XIX, 31-42
15. Umhüllet in Licht...
17. 2. Apolytikon: Da die drei Frauen...
18. Schlussdialog
20. Segen
CD in plastefreier Papphülle € 18,-
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Diese beiden CDs sind entstanden aus der Zusammenarbeit des Klosters mit dem musikwissenschaftlichen Institut der Universität Göttingen.
Wissenschaftliche und technische Beratung Prof. Brandl, Musik und Gesamtleitung Abt Johannes. An dem Projekt haben sich einige Sänger des Leipziger
Thomanerchores beteiligt, die zu den Proben und Aufnahmeterminen eigens nach Buchhagen bzw. nach Göttingen gekommen sind.
Wie haben die jungen Sänger vom Thomanerchor die Probenarbeit im Dreifaltigkeitskloster erlebt?
Zwei der Beteiligten haben im Anschluß an die Aufnahmen einen Bericht verfaßt.
Werkstattbericht zu den Proben am Deutschen Choral
von Alexander Heinze, Jurastudent in Göttingen, 2001
Da das Einstudieren des Deutschen Chorals für den auf dem Gebiet der sakralen Musik noch Ungeschulten eine Herausforderung an Selbstdisziplin, Konzentration und Lernfähigkeit darstellt, muss ich als Mitglied jener kleinen Gruppe junger und ambitionierter Sänger wohl kaum erwähnen, dass uns die Bewältigung dieser Herausforderung keineswegs leicht fiel und dass die Bezeichnung “Schulferien” beziehungsweise “Zivildiensturlaub” für die Zeit des Einstudierens so gar nicht ihrer Bedeutung gerecht wurde. Warum Tage, die neben mehrstündigen Proben und dem daraus resultierenden Schlafbedürfnis kaum freie Zeit boten, dennoch dem Langzeitgedächtnis nicht mehr entnommen werden können, soll in den folgenden Zeilen fundiert werden:
Es war im Spätherbst des Jahres 2000, als Vater Abt Johannes das
Alumnat des Leipziger Thomanerchores betrat, um Thomaskantor Prof.
Georg Christoph Biller die Idee eines Projektes zu erläutern: Auf
freiwilliger Basis sollten Männerstimmen des Chores gefunden werden,
die den neu geschaffenen Deutschen Choral – eine sprachliche und
musikalische Umsetzung der griechisch-orthodoxen Liturgie ins
Deutsche – in vergleichsweise kurzer Zeit so perfekt einstudieren
könnten, dass sich der Aufwand einer CD-Produktion qualitativ lohnen
würde. Nach Weiterleitung der Anfrage an die betreffenden Thomaner
durch den Thomaskantor fand sich ein halbes Jahr später tatsächlich
eine Handvoll junger Tenöre und Bässe, die den Reiz der Aufgabe
erkannten, die Herausforderung suchten – und dafür ihre Ferien zu
opfern bereit waren.
Angereist aus Berlin, Rostock und Leipzig wollten wir einen Moment
lang ausbrechen aus den vertrauten Klängen von Bach, Bruckner und
Biller, und leichthin eintauchen in die fremdartige, mystische Welt
orthodoxer, sakraler Musik. Soweit zur Theorie. In der Praxis erwies sich
dieses Unterfangen jedoch als sehr viel aufwendiger, als wir gedacht
hatten.
Nicht etwa die Korrektur falsch gesungener Töne oder der Dynamik
bannte uns täglich mehrere Stunden in den Probenraum des Klosters. Nein, es waren die Grundlagen jeglicher Interpretation eines musikalischen Werkes,
und Stimmtechnik, die zunächst im wahrsten Sinne des Wortes neu buchstabiert werden mussten, angefangen vom Notenlesen bis zum individuellen Klang
der Stimme. Der Deutsche Choral ist voll von aufwendigen Ornamenten und liqueszierenden (verflüssigenden) Neumen, die wir zunächst in Zeitlupe
probten, bevor wir ihnen – entsprechend ihrer graphischen Form auf dem Notenpapier – einprägsame, weil phantasievolle und bildliche Namen wie
”Springende Katze” oder ”Dinosaurier” gaben.
Auch die vom Stimmbildner so energisch gepredigte Gesangstechnik wurde bedeutungslos, ja, geradezu kontraproduktiv. Da der Deutsche Choral
hinsichtlich Stimmgebung, Klang und Melos einen zugegebenermaßen sehr eigenen, archaisch erscheinenden Charakter besitzt, sollte man plötzlich Töne
bilden, wo sie neun Jahre lang gar nicht ”hinrutschen” durften.
Nachdem diese Grundlagen zumindest erörtert waren, konnte die Effizienz der Melodieproben gesteigert werden – allerdings nur, solange der Gebrauch der
Stimmgabel zur Kontrolle der Intonation vermieden wurde. Ließ es sich nicht vermeiden, folgte die Ernüchterung: selten konnten wir die Intonation halten.
Staunend, mit einer Mischung aus Bewunderung und resigniertem Unverständnis, lauschten wir den Aufnahmen von Interpretationen russischer oder
griechischer Mönche. Sauber und homogen wirkte der Gesang, der eine Atmosphäre der Ruhe und Souveränität ausstrahlte. Eine heilsame Lektion, bedenkt
man unser Streben nach solcherlei Ideal: Unsicher wurden die Neumen dekodiert, die eigenen Notizen entziffert und resigniert die Intonation korrigiert.
Kein vierstimmiger Gesang konnte die Fehler übertönen, kein Instrument konnte intonatorische Orientierung geben.
Wie sehr sich der Deutsche Choral von der Musik Bachs und Mendelssohns abhebt, demonstrierten uns z.B. seine in unseren Augen völlig neu- und darum
fremdartigen Tempo- und Rhythmusbezeichnungen. Statt der gewohnten Dreiviertel- oder Dreihalbetakte kennzeichnen den Deutschen Choral
Bezeichnungen wie “Argon Metron” (ruhig, eine Art Majestoso) und “Gorgon Metron” (flott), nicht zu vergessen jene ametrischen Rhythmusstrukturen von
scheinbar chaotischen naturhaften Bewegungsschwüngen, in denen allein der Text Richtlinienkompetenz besitzt. Folgerichtig erhob sich die Frage: Wie soll
man die unterschiedlichen möglichen Deutungen des Textes und die daraus folgenden Konsequenzen für die Musik vereinheitlichen? Für die Mönche ergibt
sich die Antwort aus der jahrelangen Praxis von Gottesdienst und geistlicher Schulung. Der auf diesem Gebiet ungeschulte Sänger muss sich auf die ad hoc
gegebenen Vorgaben des Chorleiters stützen, der aus den reinen Worten des Textes die entsprechende musikalische Bedeutung abliest.
Die dem Werk zugrunde liegende Symbolik und geistliche Interpretation wird dadurch einerseits verständlich; die vielstündige Proben avancieren
andererseits zu einer Herausforderung an geistige Konzentration und Nervenstärke. Die daraus resultierende Kontroverse, ob die perfekte Bewältigung
unseres Projektes über der Vermeidung völliger Erschöpfung stehen sollte, war Gegenstand mancher Pausendiskussion, der es an Polemik und Effekten
nicht fehlte. Gerade diese Diskussionen demonstrierten neben der Spannweite der Generationen, der Kompetenz und der Musikkultur den wahrscheinlich
gravierendsten Gegensatz: den der Erkenntnis.
Eine vollkommene Interpretation des Deutschen Chorals setzt eigentlich die Identifikation oder wenigstens tiefe Einfühlung in die Orthodoxie, ihre
Gebetshaltung und Spiritualität voraus. Eine musikalisch befriedigende Aufnahme anders zu realisieren ist selten möglich. Ohne die Bereitschaft, den Alltag
im Sinne der größtmöglichen Gottesverehrung zu gestalten, kann sie kaum die Leichtigkeit und Souveränität erreichen, die dem Gesang der Mönche im
Gottesdienst innewohnt. Das Ringen um den Deutschen Choral initiierte bei einigen von uns die Ambition, eben jene über das rein Musikalische
hinausgehende Bereitschaft zu ergründen und – zugegeben sehr pragmatisch – Vor- und Nachteile abzuwägen. Letztlich waren es Konvention und
Gewohnheit, die das konsequente und mit allen Abstrichen verbundene Ergründen der mystischen Dimension des Christentums hinderten.
Dennoch blieb uns das Jenseits des Tellerrandes keineswegs verborgen, woran unser Aufenthalt im Kloster Buchhagen erheblichen Anteil hat – ob bewusst
oder unbewusst. Aus diesem Grunde sei zumindest für meinen Teil herzlicher Dank übermittelt an die Menschen, die uns diesen Blick ermöglichten: Vater
Abt Johannes und Vater Raffael.
Letztlich erreicht die Dialektik der Gegensätze ihre Bestätigung: nicht nur in der glücklich zustande gekommenen Scheibe, sondern in einer für uns völlig
neu aufgetauchten und vielleicht in unserer postmodernen Gesellschaft grundsätzlich neuen Erkenntnis, dass zumindest eine Reflexion darüber, was
Christentum ist oder sein könnte, in seinen mystischen Dimensionen, keinesfalls vernachlässigt werden darf. Für den aufgeschlossenen Interpreten ist dies
die erste Erkenntnis, die er nach der Einübung des Deutschen Chorals und der Erahnung seiner Transzendenz gewinnt. Nicht erst die beschriebene
Bereitschaft zur Ergebung in Gott ist Voraussetzung, dass sich diese Erkenntnis als Spitze eines Eisberges darstellt, dessen Größe unvorstellbar ist ...
Quintessenz meiner Mitarbeit
bei den Proben und Aufnahmen zum Deutschen Choral
Markus Tschubert, Schüler am Thomas-Gymnasium, 2001
Ausschlaggebend für unseren Klosteraufenthalt in Buchhagen war natürlich die musikalische Herausforderung, und die anschließenden CD-Aufnahmen.
Doch für mich sind letzlich die in Gesprächen und während der gemeinsamen Arbeit gewonnenen Eindrücke von größerer Bedeutung. So war es anfangs
ein wahrlich befremdlicher Gedanke, für eine Woche in einem Kloster zu leben und den Deutschen Choral zu erlernen. Doch einmal vor Ort fühlte ich mich
schon beim ersten Abendessen viel wohler.
Die Tage waren nicht nur von den Proben bestimmt, die natürlicherweise die meiste Zeit in Anspruch nahmen. Mir blieben die langen Gespräche und der
Duft von brennendem Holz in Erinnerung, und jeden Tag genoss ich es mehr, meinen Kopf von den alltäglichen Gedanken und Problemen zu befreien. Ich
fand einen neuen Bezug zum christlichen Glauben, den ich bis dato für überholt und in der heutigen Gesellschaft für überflüssig gehalten hatte.
Problemfragen des Glaubens lösten sich in den Gesprächen mit Vater Abt Johannes fast selbständig.
Unvergesslich sind die täglichen Gottesdienste, welche durch die Kraft und Würde ihrer Musik, des Deutschen Chorals, für mich eine bisher ungekannte
Intensität hatten. Und ich denke an die Wärme, die Herzlichkeit und die Ruhe nach dem Arbeitstag, die mir Kraft gegeben haben für die folgende Zeit.
Markus ist einige Jahre später orthodox geworden und heißt jetzt Jeremias.